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Arbeitsbereich romanische Sprachwissenschaft
Auf der Welt gibt es geschätzt circa 7.000 Sprachen. Die romanischen Sprachen gehören zu einer der größten Sprachfamilien Europas; sie sind aber auch in Afrika, Asien und Amerika verbreitet und werden weltweit von mehr als einer Milliarde Menschen gesprochen. In der romanischen Sprachwissenschaft (auch: Linguistik) beschäftigen wir uns mit diesen Sprachen, von denen an der Universität Osnabrück Französisch, Italienisch und Spanisch studiert werden können. Das Hauptziel unseres Arbeitsbereiches ist es, die Strukturen dieser Sprachen zu entdecken, um zu verstehen, wie sie funktionieren. Dabei vergleichen wir sie auch mit dem Deutschen und ggf. weiteren Sprachen. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über unser Tätigkeitsfeld, unser Team, unsere Lehre und unsere Forschungsschwerpunkte.
Was ist Linguistik (fr. linguistique, it. linguistica, sp. lingüística)?
Sprache und Sprechen gehören für uns zu den natürlichsten Dingen, sodass wir uns vielleicht noch nie gefragt haben, wie sie eigentlich funktionieren. Menschen haben ein intuitives Wissen über ihre Sprache(n). Sie wissen zum Beispiel, welche Laute man zu Silben kombinieren kann, oder wie man Wörter und Sätze bildet, um sich verständlich auszudrücken. Sie können auch beurteilen, welche Strukturen in ihrer Sprache gehen und welche nicht. Dieses sprachliche Wissen ist jedoch meist unbewusst. Ziel der Linguistik ist es, dieses unbewusste sprachliche Wissen bewusst zu machen, zu erklären und dabei herauszufinden, was verschiedene Sprachen gemeinsam haben und was sie voneinander unterscheidet.
Was machen Linguisten und Linguistinnen?
Die Arbeit von Menschen, die sich mit Linguistik befassen, umgibt uns täglich überall. Wie wir wissen, sind sie oft Sprachlehrer*innen, Übersetzer*innen oder Dolmetscher*innen. Sie können aber auch in verschiedenen kulturellen Bereichen etwa als Journalist*innen, Redakteur*innen oder Korrektor*innen arbeiten oder als Sprachanalytiker*innen im öffentlichen Dienst tätig sein. Weiterhin sind Linguist*innen auch maßgeblich an der Entwicklung von maschinellen Übersetzungssystemen, von Online-Lernsoftware oder Softwareassistenten beteiligt, die der Erkennung und Verarbeitung von natürlich gesprochener Sprache dienen. Einige davon kennen wir beispielsweise als Siri oder Alexa. Nicht zuletzt können Sprachwissenschaftler*innen auch im Forschungsbereich einer Hochschule tätig werden.
Was untersucht Linguistik?
Zur Sprachwissenschaft, die sich als wissenschaftliche Untersuchung der menschlichen Sprachfähigkeit und der menschlichen Sprache bzw. Sprachen definieren lässt, gehören die vier folgenden Kerndisziplinen:
Lautlehre (Phonetik/Phonologie)
Phonetik und Phonologie beschäftigen sich beide mit der Lautseite der Sprache, doch während für die Phonetik die akustische Beschaffenheit, Bildung und Wahrnehmung dieser Lautseite im Vordergrund steht, untersucht die Phonologie die Funktion der Laute im System der einzelnen Sprachen. Im Rahmen der Lautlehre beschäftigen wir uns also mit Fragen wie: Welche Sprachlaute gibt es in den romanischen Sprachen? Wie und wo werden Konsonanten und Vokale gebildet? Woran erkenne ich Muttersprachler*innen und kann sie von Nichtmuttersprachler*innen unterscheiden? Hören wir Laute in einer Fremdsprache anders? Und was macht die „Melodie“ einer Sprache aus?
Formenlehre (Morphologie)
In dieser Disziplin untersuchen wir die Struktur von Wörtern am Beispiel von romanischen Sprachen. Wie sind Wörter aufgebaut und was für Regularitäten lassen sich dabei feststellen? In den deutschen Wörtern hörbar, trinkbar und erreichbar ist -bar ein solcher „Wortbaustein“, der auf eine Möglichkeit hinweist: man kann etwas hören, trinken, erreichen. Als Muttersprachler*innen wissen wir, dass dieses -bar nichts mit einer Bar zu tun hat. Ein weiteres Beispiel: Die Endung -er hat in Kinder eine andere Bedeutung (oder Funktion) als in schöner. In der Morphologie geht es also um Fragen wie: Woraus bestehen Wörter? Welche Funktion und welche Merkmale haben ihre „Bausteine“? Wie werden Wörter gebildet? Ist Schlittschuh laufen ein oder zwei Wörter? Was genau ist ein Wort?
Satzlehre (Syntax)
Die Syntax beschäftigt sich mit der Struktur von Sätzen. Wenn wir einzelne Wörter zu Sätzen verbinden, befolgen wir bestimmte Regeln, die in unserer Sprache gelten; also Regeln, durch die ein grammatischer Satz erzeugt werden kann. Oben haben wir gesagt, dass wir von Kind an ein unbewusstes Wissen über unsere eigene(n) Sprache(n) haben, sodass wir bei der Satzbildung nicht groß nachdenken müssen. In einer Fremdsprache müssen wir die Regeln dagegen meist explizit erlernen. Betrachten wir die folgenden Beispiele mit der Frage im Hinterkopf, welche Unterschiede sich darin in der Syntax des Deutschen und der romanischen Sprachen erkennen lassen:
(1) a. dt. Peter denkt, dass Maria viel isst.
b. fr. Pierre pense que Marie mange beaucoup.
c. it. Pietro pensa che Maria mangi molto.
d. sp. Pedro piensa que María come mucho.
(2) a. dt. Er singt ein Lied
b. fr. Il chante une chanson.
c. it. Canta una canzone.
d. sp. Canta una canción.
In Beispiel (1) sehen wir, dass der deutsche Satzbau das Verb am Ende des Nebensatzes erfordert, während dies in den romanischen Sprachen nicht so ist. Beispiel (2) zeigt, dass man – im Unterschied zum Spanischen und Italienischen – im Deutschen und im Französischen das Subjekt nicht weglassen darf. Wir versuchen, diese Phänomene mit unterschiedlichen syntaktischen Theorien zu erklären.
Bedeutungslehre (Semantik)
Sätze können zwar grammatisch korrekt sein, aber dennoch unsinnig wie z.B. Farblose grüne Ideen schlafen zornig. Das heißt, wenn wir sprechen, reicht die Grammatikalität als solches nicht aus, denn Sprache übermittelt immer auch Bedeutung. Die Lehre von der Bedeutung von Sätzen, Wörtern und ihren Teilen heißt Semantik. Sie beschäftigt sich zum Beispiel mit der Mehrdeutigkeit von Sätzen. So kann in dem Satz Der Mann beobachtet den Jungen mit dem Fernglas entweder der Mann oder der Junge das Fernglas halten. Die Semantik untersucht auch die Bedeutungsbeziehungen, die zwischen Wörtern bestehen. Dazu gehören beispielsweise die Antonymie (fr. présence ‘Anwesenheit’ vs. absence ‘Abwesenheit’), die Homonymie (sp. vino ‘Wein’ oder 'er/sie kam') oder die Synonymie (it. bello – splendido 'schön'). Auch der Bedeutungswandel im Laufe der Zeit ist ein Themenbereich der Semantik.
Zu den oben genannten Kerndisziplinen bieten wir weitere interessante Themen aus unserer Forschung an, die wir regelmäßig in die Lehre integrieren, z.B.
- Erstspracherwerb: Wie erwerben Kinder eine (oder auch mehrere) Sprache(n)?
- Fremdsprachenerwerb: Wie lernen Menschen eine neue Sprache?
- Historische Linguistik: Wie verändern sich Sprachen im Laufe der Zeit?
- Dialektologie und Sprachvariation: Wie unterscheiden sich Dialekte voneinander und welchen Status haben sie gegenüber der Standardsprache?
- Mehrsprachigkeit und Sprachkontakt: Wie beeinflussen sich Sprachen untereinander?
- usw.
Team
Prof. Dr. Yves D'hulst
Romanistik
Neuer Graben 40
49074 Osnabrück
Raum: 41/311
Tel.: +49 541 969-4724
ydhulst@uni-osnabrueck.de
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Kurzvita
Den Schwerpunkt in Forschung und Lehre von Prof. Dr. Oliver Ehmer bildet die Sprache im Kontext ihrer Verwendung. Seine Forschungsinteressen umfassen das Wechselverhältnis von Sprache, Interaktion und Kognition sowie Sprachvariation und -wandel. Zu seinen aktuellen Forschungsgegenständen zählen u. a. die Wissensvermittlung in der Interaktion, Fragen, pragmatische Marker sowie das Erinnern und Erzählen in der Interaktion. In seinem Heisenberg-Projekt (DFG) untersucht Oliver Ehmer ,Handlungsaufforderungen‘ aus den Perspektiven von Interaktion und Sprachwandel.
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Dr. Andrea Peskova
Romanistik
Neuer Graben 40
49074 Osnabrück
Raum: 41/324
Tel.: +49 541 969-4372
andrea.peskova@uni-osnabrueck.de
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Kurzvita
Daniel Muz ist bei Prof. Dr. Oliver Ehmer als wissenschaftlicher Mitarbeiter für spanische Sprachwissenschaft angestellt. Seine Lehrveranstaltungen sind schwerpunktmäßig im Bereich der Interaktionalen Linguistik angesiedelt. Er verfolgt aktuell ein Promotionsprojekt an der Universität Freiburg, in dem er sich der multimodalen Analyse von Blickverhalten in der Face-to-Face-Interaktion widmet.
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Valentin Rose
Romanistik
Neuer Graben 40
49074 Osnabrück
Raum: 41/304
Tel.: +49 541 969-4265
valentin.rose@uni-osnabrueck.de
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Lehre
Ziel der universitären Lehre in der romanischen Sprachwissenschaft ist es, den Studierenden Fachwissen zu vermitteln, sodass sie die Grundbegriffe und Aufgabenbereiche der Linguistik zusammen mit den wichtigsten Theorien, Modellen und Methoden verstehen und einordnen können. Wir vermitteln, mit Informationen umzugehen und das erlangte Wissen anzuwenden. Unsere Lehre ist innovativ und forschungsorientiert und bietet die aktive Teilnahme an Forschungsprojekten und Exkursionen.
Die sprachwissenschaftliche Ausbildung beinhaltet zwei Module im Bachelorstudium und eins im Masterstudium, die zu selbständigem sprachwissenschaftlichen Arbeiten führen. Die Veranstaltungen werden auf Deutsch und/oder in den jeweiligen romanischen Sprachen gehalten.
Das Basismodul besteht aus der Einführung in die Linguistik der romanischen Sprachen und einem Seminar. In der Einführung werden die Grundbegriffe, Methoden und Gegenstände der romanischen Sprachwissenschaft sowie die Grundlagen der sprachlichen Kommunikation und die Prinzipien sprachlicher Organisation in den verschiedenen Teildisziplinen vorgestellt. Im Seminar geht es um die Vertiefung der aus der Einführung gewonnenen Kenntnisse in Teilbereichen (z.B. Phonetik/Phonologie und Morphologie der romanischen Sprachen; Semantik und Syntax der romanischen Sprachen).
Das Vertiefungsmodul besteht aus einer Vorlesung und einem Seminar. In der Vorlesung werden historische Stufen und typologische Entwicklungen der romanischen Sprachen im gesellschaftlichen und kulturhistorischen Kontext erörtert sowie Fragen der Sprachvariation in der Romania präsentiert. Im Seminar kann man ein Thema auswählen, das sich beispielsweise mit Sprachkontakt, Spracherwerb, Sprachvariation oder sprachwissenschaftlichen Methoden befasst. Hier als Beispiel die Titel einiger Lehrveranstaltungen aus den vergangenen Semestern: Phonétique contrastive et corrective du français, El español en contacto con otras lenguas, Dialettologia italiana, Spracherwerb und Sprachpathologie am Beispiel romanischer Sprachen.
Im Master of Education belegt man dann das Mastermodul Sprachwissenschaft. Hier sollen die im Bachelor erlangten Kompetenzen weiter vertieft werden. Das Modul besteht aus zwei Seminaren, die zu unterschiedlichen thematischen Blöcken in den Bereichen Phonetik/Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik, Soziolinguistik sowie Sprachvariation und Sprachwandel gehören. Dabei bieten diese Veranstaltungen nicht nur einen Überblick über verschiedene theoretische Ansätze, sondern sie motivieren auch zu eigener empirischer Arbeit (Analyse von Sprachdaten anhand vorhandener Sprachdatenkorpora, Erstellung und Auswertung eigenen Sprachmaterials usw.). Hier wieder die Titel einiger Lehrveranstaltungen aus den vergangenen Semestern: Lehnwortphonologie (nicht nur) in romanischen Sprachen; Temas de sociolingüística hispánica; Informationsstruktur: Topik und Fokus in den romanischen Sprachen; Storia della lingua, 12 thèmes de syntaxe.
Im Master hat man aber auch die Möglichkeit, den Studiengang Sprache in Europa zu studieren: Schwerpunkte dieses Studiums sind Migration und Integration in Europa sowie Sprache und Kognition.
Wer seine Bachelor- oder Masterarbeit in der Sprachwissenschaft schreiben möchte, wird durch ein Kolloquium betreut. Ziel dieses Kolloquiums ist es, alle Fragen, die im Umfeld von sprachwissenschaftlichen Bachelor- oder Masterarbeiten auftreten können – von der Themenfindung bis zur endgültigen Gestaltung – zu beantworten. Die Veranstaltung ist auch für Projektarbeiten aus dem Masterstudiengang „Sprache in Europa“ und zur Verteidigung von sprachwissenschaftlichen Abschlussarbeiten geeignet.
Forschung
Zu unseren Forschungsschwerpunkten gehören u.a.:
- Erstspracherwerb
- Fremdsprachenerwerb
- Historische Linguistik
- Sprachvariation
- Mehrsprachigkeit und Sprachkontakt
- Informationsstruktur
- Prosodie
- usw.
Weitere Informationen über unsere Forschung finden Sie hier.